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Schreiben ist ein zentrales Denk- und Lerninstrument in jedem Studium. Erst durch das Verschriftlichen werden Gedanken geordnet, systematisiert, reflektiert und weiter entwickelt, sodass kritisches Denken möglich wird. Schriftliche Texte sind daher als Prüfungsform an deutschen Hochschulen Standard, von Essay und Hausarbeit in geistes- und sozialwissenschaftlichen Fächern bis hin zum Laborprotokoll in MINT-Fächern.
In der Lehre an deutschen Hochschulen dagegen wird – entgegen politischen Vorgaben zur Kompetenzorientierung und den Anforderungen des constructive alignment, auch zu fördern, was geprüft wird – das Potenzial des Schreibens kaum genutzt, obwohl empirische Ergebnisse die lernförderliche Wirkung anspruchsvoller Schreibaufgaben in Fachlehrveranstaltungen, wie sie in den USA üblich sind, belegen: Laut der Harvard Study of Undergraduate Writing geben Studienanfänger/innen an, dass Schreibaufgaben ihnen Tiefenlernen ermöglichen und sie dazu anregen, sich in Lehrveranstaltungen einzubringen und neue Ideen zu entwickeln und zu hinterfragen (vgl. Sommers/Saltz 2005). Zu ähnlichen Ergebnissen kommt das National Survey of Student Engagement, das ein höheres studentisches Engagement für Studium und Hochschule insgesamt durch Schreibaufgaben verzeichnet, da diese Tiefenlernen, aktives und kollaboratives Lernen und den Ideenaustausch zwischen Studierenden und Lehrenden fördern (vgl. Anderson et al. 2015). Zentrales Ergebnis der NSSE-Studie ist zudem, dass nicht allein die Menge des Geschriebenen zu diesen Lerneffekten führt, sondern es auf die Qualität der gestellten Schreibaufgabe ankommt. Förderlich sind ein interaktiver Schreibprozess, bedeutungsstiftende Aufgabenstellungen und klare Erwartungen (vgl. Andersson et al. 2015: 231) – allesamt Bedingungen, die an deutschen Hochschulen selten sind, wo sich der Schreibauftrag oft in „Schreiben Sie eine Hausarbeit“ erschöpft.
Um diesen Zustand zu ändern, möchten wir, Schreib- und Hochschuldidaktiker/innen der Universitäten Bielefeld, Bochum und Mainz sowie der TU Hamburg im Workshop über Schreibaufgaben informieren und das Thema gemeinsam mit Hochschuldidaktiker/innen und Fachlehrenden bearbeiten. Dabei sehen wir das Potenzial von Schreibaufgaben nicht allein in ihrem Nutzen für die Studierenden, sondern zudem in ihrer Verbindung von hochschuldidaktischer Forschung und Lehrpraxis: Zum einen fließt bei der individuellen Beratung Lehrender zu Schreibaufträgen hochschuldidaktische Expertise direkt in Form des gemeinsam erarbeiteten Schreibauftrags in die Lehrpraxis ein. Zum anderen gewinnen Hochschuldidaktiker/innen neue Erkenntnisse durch den engen Austausch mit Fachlehrenden unterschiedlicher Disziplinen, welche sie zur Explikation und Reflexion bisher impliziter fachtypischer Denk- und Schreibprozesse anleiten. Deren Dokumentation kann einen wichtigen Beitrag zur Praxisforschung leisten und aufzeigen, welche fachspezifischen Schwierigkeiten Dozierende bei ihren Studierenden wahrnehmen und wo spezielle hochschuldidaktische Förderung nötig scheint.
Unseren Workshop möchten wir inhaltlich so gestalten, dass der Transfer unserer Ansätze und Erfahrungen an andere Hochschulen ermöglicht wird und die Teilnehmenden am Ende neue, im Idealfall gemeinsam erarbeitete Ideen und Konzepte mitnehmen, die sie in ihrer täglichen Arbeit umsetzen können. Dafür möchten wir
- unser theoretisches und empirisches Wissen und unsere praktischen Erfahrungen aus den verschiedenen Standorten teilen,
- über Möglichkeiten der Zusammenarbeit mit Lehrenden berichten,
- konkrete Beispiele aus der Lehrpraxis diskutieren,
- Evaluationsergebnisse vorstellen und
- mit den Teilnehmenden gemeinsam Schreibaufgaben formulieren sowie Konzepte zu deren Einbindung in Lehrveranstaltungen erstellen.
Der konkrete Ablauf wird so aussehen, dass wir nach einem kurzen Einführungsvortrag zur theoretischen und empirischen Fundierung der Thematik folgende Arbeitsstationen anbieten:
- Station 1: Erfahrungsaustausch zu Möglichkeiten der Zusammenarbeit mit Lehrenden zu Schreibaufgaben, Vorstellung verschiedener Konzepte und möglicher Schwierigkeiten
- Station 2: Diskussion von Beispiel-Schreibaufgaben aus verschiedenen Fächern
- Station 3: Diskussion von Beispiel-Seminaren mit eingebundenen Schreibaufgaben aus verschiedenen Fächern
- Station 4: Erarbeitung eigener Schreibaufgaben mit Feedback
Literatur:
- Anderson, Paul et al. (2015): „The Contributions of Writing to Learning and Development: Results from a Large-Scale Multi-institutional Study”, Research in the Teaching of English 50/2, 199-235.
- Bean, John C. (2011): Engaging Ideas. 2nd ed. San Francisco: Jossey-Bass, 87-119, 147-160.
- Bräuer, Gerd/Schindler, Kirsten (2011): „Teil I - Schreibarrangements entwickeln. Authentische Schreibaufgaben – ein Konzept”, in: Dies. (Hg.): Schreibarrangements für Schule, Hochschule, Beruf. Freiburg i. Br.: Fillibach, 11-63.
- Gottschalk, Katherine/Hjortshoj, Keith (2004): The Elements of Teaching Writing. Boston; New York: Bedford, 29-46.
- Pace, David/Middendorf, Joan (2004): Decoding the disciplines. Helping students learn disciplinary ways of thinking. San Francisco: Jossey Bass.
- Sommers, Nancy/Saltz, Laura (2004): „The Novice as Expert. Writing in the Freshman Year”, College Composition and Communication 56/1, 124–149.
3-5 Keywords (aus: Personalentwicklung,<br> Studiengangentwicklung,<br> Institutionalisierung/<br>Strukturentwicklung, Organisations-<br>entwicklung, Bildungs-<br>politik, HD Praxis,<br>Fachdidaktik/Fachkultur, <br> HD Grundlagenforschung, <br>Angewandte Forschung, <br> Wertediskurs, Internationalisierung,<br> Netzwerke, ggf. andere Schlüsselbegriffe)
Personalentwicklung, HD Praxis, Fachdidaktik/Fachkultur, HD Grundlagenforschung, Angewandte Forschung, Schreibdidaktik