Speaker
Prof.
Carolin Kreber
(Cape Breton University)
Description
Bei Bestrebungen die Hochschullehre und das studentische Lernen zu verbessern wird heute zuneh-
mend ein evidenz-basierter Ansatz erwartet. In diesem Vortrag ist es mein Anliegen das Konzept
der Evidenzbasierung in der Lehre kritisch zu hinterfragen, aber dann auch gleichzeitig Vorschläge
zur Erweiterung dieses Begriffes einzubringen. Im angelsächsischen Raum wird der evidenz-basierte
Ansatz zunehmend mit dem Begriff Scholarship of Teaching and Learning (SOTL) beschrieben. Ich
schlage vor SoTL nicht nur als eine evidenzbasierte Praxis (an ‚evidence-based practice‘), sondern
auch als eine auf Werten und Werthandlungen basierte Praxis (a ‚virtue-based practice‘) zu ver-
stehen. Darüber hinaus werde ich argumentieren, dass die Hochschullehre und die Hochschulfor-
schung (hier verstanden als die Erforschung der Hochschullehre und des studentischen Lernens) ein
Wissenschaftsverständnis verlangen, welches über Fragen der Wirksamkeit von Methoden hinaus-
zielt. Eine verantwortliche Lehre beruht auf drei qualitativ unterschiedlichen Arten von Wissen, die
miteinander im Verhaeltnis stehen: theoretisches Wissen im Sinne von wissenschaftlicher Erkenntnis
(theoretical knowledge; episteme), Herstellungswissen im Sinne einer Kunstfertigkeit (productive
knowledge; techne) und praktische Klugheit oder Weisheit (practical knowledge/wisdom; phrone-
sis). Drei Fragen sind relevant: Was ist ‚wahr‘ (was wissen wir auf Grund wissenschaftlicher Erkennt-
nisse)? Was funktioniert oder wirkt am effektivsten? Und welches Handeln ist in dieser besonderen
Situation erstrebenswert oder wünschenswert? Bei der letzten Frage geht es um die Fähigkeit
situativ angemessen zu urteilen auch unter Bedingungen der Unsicherheit.
Die evidenzbasierte Praxis kann auf zwei Arten verstanden werden: (1) als Nachweis instrumenteller
Wirksamkeit einer Handlung; (2) als Nachweis einer inneren Stimmigkeit zwischen Handlungsweise
(Strategie) und Bildungsziel (oder Bildungszweck).