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Der Bereich Studium und Lehre ist derzeit von einer Dynamik geprägt, die die Hochschuldidaktik vor Grundsatzfragen Ihrer Positionierung im Spannungsfeld von Praxis und Forschung stellt. Um den Anforderungen der Hochschulentwicklung gerecht zu werden, bedarf es einer Ausweitung des zumeist service-orientierten hochschuldidaktischen Profils, A) um mit einer forschenden Ausrichtung evidenzbasiertes Handeln zu gewährleisten, und B) um mit einer neuen institutionellen Aufstellung und Vernetzung hochschuldidaktische Expertise in die Arbeitsprozesse zu integrieren (Wildt 2013). Dafür eröffnet das Aufgabengebiet der Studiengangentwicklung einen vielversprechenden Zugang, da es geeignet ist, um „hochschuldidaktisch begründete Qualitätskriterien […] im Bologna-Prozess zu thematisieren“ (ebd., S. 47) und zudem einen Knotenpunkt im Bereich Studium und Lehre darstellt, an dem Akteure aus fachlichen und überfachlichen Bereichen beteiligt sind. Des Weiteren wurde die Handlungsebene der Akteure, d.h. die Aufgabe des eigentlichen Studiengangentwicklungsprozesses im Kontext institutioneller Rahmenbedingungen, bisher nur wenig beleuchtet (vgl. Steinhardt 2015).
Im Beitrag wird dargelegt, wie A) Forschung und Praxis im Kontext der Studiengangentwicklung als hochschuldidaktisches Aufgabengebiet verknüpft und damit B) auf der Ebene der Organisationsentwicklung zur Positionierung der Hochschuldidaktik beigetragen werden kann. Einen Weg bietet die nutzeninspirierte Grundlagenforschung (Schrader & Goeze 2011), bei der die Schritte eines Forschungsprozesses auf die Identifizierung beeinflussbarer Effekte ausgerichtet sind und sowohl A) wissenschaftlich als auch B) praktisch relevant sein müssen. Eine Forschungsfrage, die dies erfüllt und hier entsprechend mit Blick auf die Rolle der Hochschuldidaktik beantwortet wird, lautet: „Welche Faktoren beeinflussen die Studiengangentwicklung?“
Gegenstand der Untersuchung sind curriculare Entwicklungsvorhaben, für die einzelne Fachbereiche in einem einjährigen Förderzyklus zeitliche Freiräume sowie konzeptionelle Unterstützung erhielten. Dabei war der Einbezug der Hochschuldidaktik und weiterer interner Akteure zentral, um die Perspektivverschränkung zu fördern und die Beteiligten nachhaltig zu vernetzen. In den mittlerweile beendeten fünf Projektjahren wurden insgesamt 28 Teams in der Studiengangentwicklung wissenschaftlich begleitet. Gemäß der nutzeninspirierten Grundlagenforschung wurden für das parallele Mixed-Method-Design (Kuckartz 2014) die Elemente der Unterstützung (vier Veranstaltungen zur Studiengangentwicklung sowie Beratung bei Bedarf) und der Datengewinnung (Analyse von Anträgen, Berichten und Protokollen der teilstandardisierten Befragung der Teams sowie deren abschließende Online-Befragung) synergetisch in einem kumulativen Ablaufschema verzahnt. In die Auswertung flossen 100 Prozessdokumente aus vier Förderzyklen (ohne Pilotierung) ein und wurden nach der inhaltlich strukturierenden qualitativen Inhaltsanalyse (Kuckartz 2012) ausgewertet. Die Ergebnisse der Online-Befragung (n=83) dienen als Rahmung der qualitativen Daten.
Als wichtigster Einflussfaktor für die Studiengangentwicklung kristallisierte sich der Austausch zwischen den beteiligten Akteuren heraus. Dies untermauert die Relevanz der o.g. institutionellen Vernetzung der Akteure, was auch aktuelle Tendenzen in der Hochschulentwicklung bestätigen (Whitchurch 2013; Blümel, Kloke & Krücken 2010). Deren Annahme, dass die bisher zweigeteilte Ordnung der Organisation Hochschule von Administration und Wissenschaft mit ihrer großen Autonomie (Mintzberg 2002, Weick 1976) verschwimmt, kann aufgrund der im Projekt erzielten Befunde folgendermaßen erweitert werden: A) diese Veränderung ist im Bereich Studium und Lehre weder in den Strukturen der Organisation noch in der Aufgabenwahrnehmung umfänglich verankert. B) Eine praktische Handlungsempfehlung wäre u.a., Austauschgelegenheiten für die beteiligten Akteure in den institutionellen Strukturen zu schaffen. Die Hochschuldidaktik sollte dabei, ergänzend zu ihrer konzeptionellen Expertise, eine vermittelnde Position und damit eine Schlüsselrolle in diesem Gesamtgefüge einnehmen.
Durch die Integration der nutzeninspirierten Grundlagenforschung – nicht nur für die Studiengangentwicklung sondern auch in anderen Aufgabengebieten – kann die Hochschuldidaktik diese Position weiter stärken. Welche Voraussetzungen eine solche Integration benötigt, soll abschließend zum Vortrag diskutiert werden.
Literatur:
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Blümel, Kloke & Krücken (2010). Professionalisierungsprozesse im Hochschulmanagement in Deutschland. In A. Langer & A. Schröer (Hrsg.): Professionalisierung im Nonprofit Management (S. 105-131). Wiesbaden: VS Verlag.
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Kuckartz (2012). Qualitative Inhaltsanalyse. Methoden, Praxis, Computerunterstützung. Weinheim und Basel: Beltz Juventa.
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Kuckartz (2014). Mixed Methods. Methodologie, Forschungsdesigns und Analyseverfahren. Wiesbaden: Springer VS.
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Mintzberg (2002). The Professional Bureaucracy. In I. Jenniskens (Hrsg.): Management and Decision-Making in Higher Education Institutions (S. 171-194). Lemma Publishers.
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Schrader & Goeze (2011). Wie Forschung nützlich werden kann. Report - Zeitschrift für Weiterbildungsforschung, 34(2), 67-76.
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Steinhardt (2015). Lehre stärkt Forschung. Studiengangentwicklung durch ProfessorInnen im Handlungssystem Universität. Wiesbaden: Springer VS.
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Weick (1976). Educational Organizations as Loosely Coupled Systems. Administrative Science Quaterly. 21(1), 1-19.
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Whitchurch (2013). Reconstructing Identities in Higher Education. The rise of third space professionals. London: Routledge.
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Wildt (2013). Entwicklung und Potentiale der Hochschuldidaktik. In M. Heiner & J. Wildt, (Hrsg.): Professionalisierung der Lehre. Bielefeld: Bertelsmann, S. 27-57.
3-5 Keywords (aus: Personalentwicklung,<br> Studiengangentwicklung,<br> Institutionalisierung/<br>Strukturentwicklung, Organisations-<br>entwicklung, Bildungs-<br>politik, HD Praxis,<br>Fachdidaktik/Fachkultur, <br> HD Grundlagenforschung, <br>Angewandte Forschung, <br> Wertediskurs, Internationalisierung,<br> Netzwerke, ggf. andere Schlüsselbegriffe)
- Studiengangentwicklung
- Strukturentwicklung
- Angewandte Forschung