February 27, 2018 to March 2, 2018
Karlsruher Institut für Technologie
Europe/Berlin timezone

Von den Lehrenden ausgehend hochschuldidaktische Angebote entwickeln: Nutzerzentrierte Ansätze zur Verknüpfung von Lehrpraxis mit hochschuldidaktischen Erkenntnissen

Mar 1, 2018, 8:30 AM
3h 15m
Geb.20.30 SR -1.012 (UG) (Karlsruher Institut für Technologie)

Geb.20.30 SR -1.012 (UG)

Karlsruher Institut für Technologie

Diskurswerkstatt Diskurswerkstätten

Speakers

André Mersch (optes, HS OWL)Dr Janina Tosic (Wandelwerk, Fachhochschule Münster)Dr Jonas Lilienthal (Wandelwerk, FH Münster) Susanne Sandau (teach4TU, TU Braunschweig) Swantje Lahm (Lehren & Lernen, Uni Bielefeld)

Description

Provokativ formuliert ist Hochschuldidaktik eher angebotsorientiert statt nutzerzentriert. Theorien und Praktiken werden von der fachlichen Expertise der überwiegend pädagogischen Mitarbeitenden geprägt, die selten Fachlehrende sind. In der inhaltlichen Gestaltung hochschuldidaktischer Angebote sind einige wenige Konzepte sehr wirkungsmächtig. Constructive Alignment, tiefes Lernen oder die Bloomschen Taxonomien werden alternativlos propagiert und gewinnen so einen normativen Charakter. Selten wird kritisch hinterfragt, ob und welche Risiken aus dieser Reduktion von Konzepten entstehen und inwiefern die Hochschuldidaktik von Hochschulleitungen oder der Politik für eine Steuerung Lehrender, der Fachbereiche bzw. Fakultäten oder ganzer Hochschulen instrumentalisiert wird. Die aus der Praxis und Fachlichkeit der Lehrenden gewonnenen Erfahrungen hingegen sind in der Hochschuldidaktik theoretisch wie praktisch unterrepräsentiert und erfahren so eine Entwertung. Gleichzeitig haben auch diese Erfahrungen Grenzen, denn oft zeigen sich strukturell bedingte blinde Flecke. Eine typische Ursache ist die Prägung der Lehrenden durch die eigene akademische Sozialisation, die den Blick auf veränderte Voraussetzungen der Studierenden und des Studiums verstellen kann. Für eine professionelle Entwicklung ist es daher erforderlich, die Lehrenden dabei zu unterstützen, die eigenen Annahmen zu relativieren und die Studierendenperspektive zu berücksichtigen. Diese Diskurswerkstatt wird zur kritischen Reflexion dieser Situation anregen. Im Rahmen eines Design Thinking-Kurzworkshops werden wir alternative Ideen generieren und anschließend diskutieren: Welche Herausforderungen erleben Lehrende in der Weiterentwicklung ihrer Lehre? Inwiefern greifen hochschuldidaktische Angebote diese auf? Was brauchen Lehrende, um im Lehralltag erfolgreich zu sein? Mit welcher Haltung und welchen Zielen arbeiten wir hochschuldidaktisch mit Lehrenden? Welche Formate adressieren diese Ausgangslage?

Abstract (für alle Formate)<br>Bitte vergessen Sie nicht<br> das Format unter<br>"Presentation type"<br> am Ende dieser<br>Seite anzugeben.

1. Anwendung von Design Thinking zur Erarbeitung von Befindlichkeiten, Bedarfen, Wünschen und Problemen Lehrender

Leitfrage: Welche Grundbedürfnisse haben Lehrende im Tätigkeitsbereich Lehre? Was brauchen Lehrende, um im Lehralltag erfolgreich zu sein?

Das Konzept Design Thinking eignet sich zur nutzerorientierten Entwicklung von Dienstleistungen und Produkten durch interdisziplinäre und möglichst heterogene Gruppen [9, 10]. Dabei wird zunächst die Nutzergruppe ganzheitlich betrachtet und ihre Probleme sowie Bedarfe analysiert. An die Analysephase schließt eine Synthesephase an, in der passende Lösungen erarbeitet und getestet werden. Die Methode wurde an der FH Münster eingesetzt, um in einem strukturierten Prozess die Befindlichkeiten, Probleme und Wünsche von Lehrenden, der Zielgruppe der Hochschuldidaktik, zu erarbeiten. Hierfür wurde ein Workshop durchgeführt, an dem neben dem Didaktikteam eine Gruppe Lehrender teilnahm. Der Arbeitsprozess sowie die Ergebnisse bieten ein großes Transferpotential, um lehrendenzentrierte Angebote zu entwickeln.

2. Rekonstruktion handlungsleitender Orientierungen von Lehrenden im Prozess der Veränderung ihrer Lehre

Leitfrage: Welche Herausforderungen erleben Lehrende in der Weiterentwicklung ihrer Lehre? Inwiefern greifen hochschuldidaktische Angebote diese auf?

Um Impulse für die zweite Phase eine QPL-Projekts zu generieren, wurde dem Ansatz der responsiv-rekonstruktiven Evaluation [11] folgend eine explorative Interviewstudie mit acht Lehrenden verschiedener Fachbereiche und unterschiedlicher Affinität zum Projekt durchgeführt. In den Grundlagenfächern stellen sich ihnen Herausforderungen, welche sie mit den in eigenen Studienerfahrungen fundierten Orientierungen nicht bewältigen. Die auf eine Aktivierung und Vermittlung von Konzepten ausgerichteten Projektmaßnahmen gelingt es nicht, dass diese Orientierungen kritisch reflektiert in Bezug auf ihre Angemessenheit für die Voraussetzungen der Studierenden und veränderten Studienbedingungen reflektiert werden. Potenziale werden in einer kollaborativen Analyse von Ausgangslagen und iterativen Entwicklung von Interventionen gesehen [12].

3. Haltung, Selbstverständnis und Ziele der Hochschuldidaktik

Leitfrage: Mit welcher Haltung und welchen Zielen arbeiten wir hochschuldidaktisch mit Lehrenden?

Hochschuldidaktische Zentren durchlaufen einen typischen Entwicklungszyklus, bei dem sich das Angebotsportfolio von der Qualifizierung einzelner Lehrender durch Workshops und individuelle Beratung über die Weiterentwicklung von Gruppen mehrerer Lehrender, etwa durch die Begleitung von Communities of Practice, bis zur Organisationsentwicklung im Bereich der Lehre verändert. Die beteiligten hochschuldidaktischen Mitarbeitenden vollziehen dabei verschiedene Rollen- und Haltungswechsel, die auch mit neuen Zielvorstellungen für die Adressaten einhergehen [13]. Gemeinsam mit den Teilnehmenden werden die Moderatorinnen und Moderatoren dieser Diskurswerkstatt ihre aktuelle Position in diesem Entwicklungsprozess reflektieren und dabei die unterschiedlichen Selbstverständnisse, Haltungen und Ziele explizieren und diskutieren.

4. Lehrendenzentrierte, hochschuldidaktische Angebote abseits des Typischen

Mit der Haltung einer themenzentrierten Interaktion werden folgende Ansätze in Kleingruppen durch die Teilnehmenden an Thementischen diskutiert und erweitert:

  • Individuelle Begleitung bei der Digitalisierung von Lehre: Vor dem Hintergrund nicht zufriedenstellenden Erkenntnistransfers von
    Tages-Workshops in die Lehre wurde ein bedarfsorientiertes
    Beratungsverfahren für Lehrende zum Einsatz von Online-Medien
    entwickelt.
  • Akademische Fachzirkel verstehen sich als zielorientierte, moderierte Prozessbegleitung, indem status- und fächerübergreifend
    Lehrende als Expert/innen gemeinsam diverse Fragestellungen zu
    studien- und lehrspezifischen Themen bearbeiten.
  • E-Teaching Fellowship: Für die Integration digitaler Medien in die Lehre wurde ein auf kollegialem Austausch, didaktischer
    Begleitung und iterativer Entwicklung beruhendes Programm konzipiert.
  • Lehrprojekte für Neuberufene sind ein Coachingangebot, in dem Neuberufene ihre Erfahrungen an der Hochschule gemeinsam während der
    Treffen sowie allein im Rahmen von Portfolioarbeit reflektieren.

Literatur:

[9] T. Brown (2008): Design Thinking. Harvard Business Review, June, 84–92.

[10] J. Erbeldinger & T. Ramge (2013): Durch die Decke denken: Design Thinking in der Praxis. Redline Verlag, München.

[11] J. Lamprecht (2012): Rekonstruktiv-responsive Evaluation in der Praxis. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.

[12] J. Lilienthal & M. Hajart (2017): Herausforderungen in der Weiterentwicklung der Lehre in Grundlagenfächern. Bericht zur explorativen Evaluation der ersten Projektphase “Wandel bewegt”. Münster: FH Münster. (unveröffentlicht)

[13] G. Gibbs (2013): Reflections on the changing nature of educational development, International Journal for Academic Development, 18(1), 4–14.

3-5 Keywords (aus: Personalentwicklung,<br> Studiengangentwicklung,<br> Institutionalisierung/<br>Strukturentwicklung, Organisations-<br>entwicklung, Bildungs-<br>politik, HD Praxis,<br>Fachdidaktik/Fachkultur, <br> HD Grundlagenforschung, <br>Angewandte Forschung, <br> Wertediskurs, Internationalisierung,<br> Netzwerke, ggf. andere Schlüsselbegriffe)

  • lehrendenzentrierte Hochschuldidaktik
  • Design Thinking
  • handlungsleitende Orientierungen
  • hochschuldidaktische Ziele

Primary authors

André Mersch (optes, HS OWL) Dr Janina Tosic (Wandelwerk, Fachhochschule Münster) Dr Jonas Lilienthal (Wandelwerk, FH Münster) Susanne Sandau (teach4TU, TU Braunschweig) Swantje Lahm (Lehren & Lernen, Uni Bielefeld)

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