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Eine hochwertige Qualifizierung von Tutor/innen wird politisch gefördert (Kröpke, 2014), z. B. durch den Qualitätspakt Lehre. Dies ist aus unserer Sicht sehr wichtig, weil Tutor/innen einen großen Beitrag zur Hochschullehre leisten. In ihrer Lehre begegnen sie Herausforderungen und entwickeln Bewältigungsansätze. Diese bedürfen hochschuldidaktischer und bildungspolitischer Beachtung, um diese in Qualifizierungsmaßnahmen berücksichtigen zu können und Ansatzpunkte zur Verbesserung von Rahmenbedingungen zu identifizieren.
Herausforderungen und Bewältigungsansätze von Tutor/innen in problembasierten Medizintutorien sind bereits analysiert worden (De Grave, Dolmans & van der Vleuten, 2002; Kindler et al., 2009; Lee, Lin & Lin 2013). Für Fachtutorien in den Ingenieurwissenschaften liegen hingegen keine Auswertungen zu Herausforderungen und Bewältigungsansätzen vor.
Dieser Beitrag schließt diese Forschungslücke, indem er Reflexionsberichte von 79 Tutor/innen mit Mayrings Inhaltsanalyse (2010) qualitativ und quantitativ auswertet. Die Reflexionsberichte wurden von den Tutor/innen kurz nach Beginn ihrer Fachtutorien als Vorbereitung auf einen Schulungstermin verfasst. Bei den untersuchten Tutorien handelt es sich vorwiegend um Grundlagenfächer wie Mechanik, Mathematik, Elektrotechnik und Informatik.
Den theoretischen Bezugsrahmen der Auswertung bildet das Arbeitspsychologische Stressmodell nach Bamberg (2006). Die Herausforderungen werden in personenbezogene Risikofaktoren (z. B. eigene fachliche Fehler, Nervosität) und bedingungsbezogene Stressoren unterteilt. Letztere stehen im Fokus dieses Impulsbeitrags.
Nahezu alle Tutor/innen beschreiben eine eingeschränkte Mitwirkung der Studierenden, die sich u. a. durch Unruhe/fehlende Aufmerksamkeit, Verspätung/verfrühtes Verlassen, Zurückhaltung, mangelnde Vorbereitung und/oder Motivation äußert. Als Bewältigungsstrategie wird meist die (non)verbale Ansprache gewählt.
Dreiviertel der Tutor/innen berichten von Verständnisschwierigkeiten ihrer Teilnehmer/innen und/oder eine leistungsdiverse Gruppenzusammensetzung. Zur Bewältigung der Verständnisschwierigkeiten nahmen sich die Tutor/innen mehr Zeit für die entsprechenden Teilnehmer/innen.
Circa die Hälfte nennen herausfordernde organisatorische Rahmenbedingungen, wie die Gruppengröße, Probleme mit der Technik und/oder der Raumsituation. Die Bewältigungsansätze sind individuell und improvisiert.
Zeitknappheit wird ebenfalls von der Hälfte und ein didaktisch eingeschränkter Gestaltungsspielraum von einem Drittel angeführt. Beide Herausforderungen versuchen die Tutor/innen durch einen Verzicht oder reduzierten Einsatz von Aktivierungsmethoden zu kompensieren.
Unsere Ergebnisse decken sich teilweise mit den von De Grave und Kolleg/innen (2002) im Kontext von Medizintutorien gefundenen Erfolgshemmnissen, wie ungleiche Partizipation, fehlende Interaktion und Vorbereitung.
Sie unterstreichen aber auch die Wichtigkeit der Rahmenbedingungen der Tutorien. Insbesondere Zeitknappheit und ein eingeschränkter Gestaltungsspielraum gefährden den Transfer von Schulungsinhalten in die Tutorien (der in Rohde & Stahlberg untersucht wurde). Daher sollen die Ergebnisse dazu genutzt werden, gemeinsam mit den für die Tutor/innen zuständigen Institutsmitgliedern im Sinne einer Organisationsentwicklung Maßnahmen zu erarbeiten und umzusetzen, um die Rahmenbedingungen zu verbessern.
Darüber hinaus werden die Ergebnisse für die Gestaltung der Schulung genutzt, indem typische Herausforderungen und konstruktive Bewältigungsstrategien besprochen und/oder trainiert werden.
Die bildungspolitische Bedeutung der Ergebnisse wird im Rahmen des Impulsforums mit den Anwesenden diskutiert.
Literatur
Bamberg, E. (2006). BGW-Stresskonzept: Das arbeitspsychologische Stressmodell.
De Grave, W. S.; Dolmans, D., H. J., M. & van der Vleuten, C., P. M. (2002). Student Perspectives on Critical Incidents in the Tutorial Group. Advances in Health Sciences Education 7: 201–209.
Glathe, A. (2017). Effekte von Tutorentraining und die Kompetenzentwicklung von MINT-Fachtutor*innen in Lernunterstützungsfunktion. Darmstadt: Technische Universität Darmstadt. [noch unveröffentlichte Dissertation].
Kindler, P.; Grant, C.; Kulla, S.; Poole, G. & Godolphin, W. (2009). Difficult incidents and tutor interventions in problem-based learning tutorials. MEDICAL EDUCATION; 43: 866–873.
Kröpke, H. (2014). Who is who? Tutoring und Mentoring – der Versuch einer begrifflichen Schärfung, In: Dieter Lenzen & Holger Fischer (2014). Tutoring und Mentoring unter besonderer Berücksichtigung der Orientierungseinheit. Hamburg: Universitätskolleg-Schriften (5)21-29.
Lee, G.-H.; Lin, C.-S. & Lin, Y.-H. (2013). How experienced tutors facilitate tutorial dynamics in PBL groups, Medical Teacher, 35:2.
Mayring, P. (2010): Qualitative Inhaltsanalyse. Grundlagen und Techniken. 11. akt. und überarb. Aufl. Weinheim/Basel: Beltz.
Rohde, J. A. & Stahlberg, N. (in Vorbereitung). Welches Lehrverhalten zeigen geschulte Tutor/innen? Eine explorative Analyse selbst- und fremdwahrnehmungsbasierter Reflexionsberichte. [ebenfalls als Impulsbeitrag eingereicht].
3-5 Keywords (aus: Personalentwicklung,<br> Studiengangentwicklung,<br> Institutionalisierung/<br>Strukturentwicklung, Organisations-<br>entwicklung, Bildungs-<br>politik, HD Praxis,<br>Fachdidaktik/Fachkultur, <br> HD Grundlagenforschung, <br>Angewandte Forschung, <br> Wertediskurs, Internationalisierung,<br> Netzwerke, ggf. andere Schlüsselbegriffe)
Personalentwicklung, Organisationsentwicklung, HD Praxis, Fachdidaktik/Fachkultur